cg - Die Bäume am Hundekehlesee wiegen sich sanft im Wind, auf den Tribünen weht britischer Rasenflair durch deutsche Hauptstadtluft – und im Steffi-Graf-Stadion des LTTC „Rot-Weiß“ fliegen die ersten Asse übers Netz. Die Berlin Tennis Open by HYLO 2025 sind eröffnet. Und gleich die Qualifikation lieferte Geschichten, wie sie nur der Tennissport schreibt: von Wunderkindern, Favoritenstürzen und einer Berlinerin, die fast für einen echten Heim-Coup sorgte.
Ella Seidel, 20 Jahre jung, bezwingt in einem epischen Quali-Krimi die topgesetzte Anna Kalinskaya – und das nach abgewehrtem Matchball! 4:6, 6:4, 7:6 (6) – das Resultat liest sich trocken, aber jeder Ballwechsel brannte sich ins Herz des Berliner Publikums. „Das war mein bisher größter Sieg“, sagte Seidel hinterher mit leuchtenden Augen – und wer sie gesehen hat, glaubt es ihr aufs Wort.
Fast hätte es noch eine Berliner Heldinnengeschichte gegeben. Sonja Zhenikhova, 17 Jahre alt, frisch gekrönt im Juniorinnen-Doppel bei den French Open, trat dank Wildcard in der Qualifikation an – und forderte prompt WTA-Top-30-Spielerin Caroline Dolehide. Im ersten Satz spielte sie die US-Amerikanerin phasenweise an die Wand, gewann den Satz im Tie-Break, feuerte sich selbst mit jugendlichem Überschwang an. Doch dann schlug die Routine zu: Dolehide drehte das Match – 6:7, 6:3, 6:1. Das Publikum aber feierte Zhenikhova, als hätte sie gewonnen. Und wer sie sah, weiß: Diese Berlinerin ist gekommen, um zu bleiben.
Nicht weniger überraschend war der Sieg der Schweizerin Rebeka Masarova über keine Geringere als Maria Sakkari – einst Nummer drei der Welt. Während Anna-Lena Friedsam gegen Ashlyn Krueger ausschied, zeigte Masarova auf dem Berliner Grün, wie unberechenbar Rasentennis sein kann. Die Botschaft des Wochenendes: Die Favoritinnen werden hier nichts geschenkt bekommen.
Die Hauptfeldspiele beginnen am Montag - und Berlin bekommt direkt ein Kracher-Duell: Eva Lys, Deutschlands Nummer 1, trifft dann auf Paula Badosa, aktuell Weltrangliste 9. Lys, die sich mutig den größten Herausforderungen stellt, sagte im Vorfeld: „Nur gegen so starke Gegnerinnen wie Paula kann ich sehen, wo ich stehe.“ Es ist genau diese Haltung, die Berlin liebt: Ehrgeiz, Unerschrockenheit, keine Angst vor großen Namen.
Auch Publikumsliebling Ons Jabeur ließ sich nicht lumpen. Gegen die zähe Französin Elsa Jacquemot spielte sie bis zur Dämmerung – und gewann ein 7:6(11)-Finale im dritten Satz, das selbst ein mögliches Flutlicht ins Schwitzen brachte. Jabeur trifft nun auf Xinyu Wang – mit wenig Zeit zur Regeneration.
Am Dienstag marschieren die ganz Großen ein. Naomi Osaka, vierfache Grand-Slam-Gewinnerin, kehrt mit Wildcard zurück – gegen Rasenspezialistin Liudmila Samsonova. Elena Rybakina, Wimbledon-Siegerin, misst sich mit der chinesischen Nummer fünf der Welt, Qinwen Zheng. Und Madison Keys, einst Australian-Open-Championesse, trifft auf Marketa Vondroušová, eine, die selbst schon in Wimbledon im Finale stand.
Ab Mittwoch greifen dann die Topgesetzten ins Geschehen ein: Aryna Sabalenka, die amtierende Weltranglistenerste. Jessica Pegula, die Berlin-Siegerin von 2024. Jasmine Paolini, aktuelle Nummer vier der Welt. Und am Donnerstag schließlich der Aufschlag der Frau, die derzeit die Tenniswelt im Sturm erobert hat: French-Open-Siegerin Coco Gauff.
Wer bisher dachte, Rasentennis gehöre exklusiv nach London, wird in dieser Woche in Berlin eines Besseren belehrt. Hier trifft Klassik auf Knistern, Weltrangliste auf Wildcard, Favorit auf Fighterin. Die Berlin Tennis Open by HYLO 2025 haben gerade erst begonnen – aber sie fühlen sich schon jetzt wie ein großes Kapitel Tennisgeschichte an. Fortsetzung folgt – auf Rasen, in Berlin, mit jeder Menge Drama.